Trotz 100 von Altersschwäche keine Spur! Verein Blüh‘ auf feiert 100. Geburtstag [Weser-Kurier]

 

Screenshot Weser-Kurier abgerufen am 20.6.2019. Foto im Beitrag von Roland Scheitz

Dieser Beitrag von Anne Gerling gebe ich ier gerne wieder. Er erschien am 20.6.2019 im Weser-Kurier/Stadtteil-Kurier West.

Den 137 Gröpelingern, die am 16. Juni 1919 den Kleingärtnerverein „Blüh’ auf“ gründeten, ging es um den Anbau von Obst und Gemüse. Ihr Vereinsheim schrieb später – in Bremen – Rock’n Roll-Geschichte.

Es waren tatkräftige Männer, Frauen und Kinder aus dem Ohlenhof-Quartier, die vor nunmehr 100 Jahren im Bremer Westen frisch umgebrochenes Wiesenland in Parzellen mit ertragreichen Gemüsegärten zur Selbstversorgung umwandelten: Das lässt sich der 142-seitigen Festschrift entnehmen, die der Vorstand des Kleingärtnervereins „Blüh‘ auf“ anlässlich seines 100-jährigen Bestehens gemeinsam mit der Waller Historikerin und Kleingarten-Bloggerin Kirsten Tiedemann verfasst hat.  

Nach dem Hungerwinter 1916/17 waren in verschiedenen Teilen Bremens städtische Wiesen zur Schaffung von Kleingärten freigegeben worden. So auch in Gröpelingen, wo auf den Parzellen links vom Schwarzen Weg in dem Gebiet zwischen Humannstraße und Bahndamm zwar weder Bäume noch Lauben standen – sich aber trotzdem rasch 137 Pächter fanden, die sich am 16. Juni 1919 im Verein „Blüh’ auf“ zusammenschlossen.

Überwiegend waren dies Facharbeiter und Arbeiter aus dem Hafen und von den Werften, die nun das Land urbar machten, Beete anlegten, Saatgut beschafften, Obstbäume und Beerensträucher anpflanzten. Gemeinschaftlich planten und befestigten sie auch Wege im Gebiet, die dafür benötigte Schlacke kam von der Schule an der Humannstraße und vom nahe gelegenen Rangierbahnhof.

Viele Mitglieder waren der Gewerkschaft und der Arbeiterbewegung eng verbunden und empfanden es als selbstverständlich, dass man sich gegenseitig unterstützte. Anfangs durch Arbeitskraft, später wurden gemeinsam Düngemittel, Saatgut, Obstbäume oder Sträucher bestellt und Fachvorträge organisiert, um Gartenanfängern bei Obstbaumschnitt oder Schädlingsbekämpfung zu helfen.

Nur 15 Jahre nach seiner Gründung musste der Verein mit knapp der Hälfte seiner Gärten für den Bau der Tirpitz-Kaserne umziehen. Die Pächter bekamen ersatzweise Neuland zwischen der Eisenbahn und dem Maschinenfleet, das sie nun abermals eigenhändig kultivierten. Lauben wurden ab- und auf den neuen Schollen wieder aufgebaut und Bäume und Sträucher umgesetzt. Außerdem wurde das gesamte neue Gelände eingezäunt und mit verschließbaren Toren versehen, um Obst- und Gemüsediebstähle zu verhindern.

Ab 1937 durchtrennte die neu gebaute Blocklandautobahn zwischen Bremer Kreuz und Ihlpohl das Vereinsgebiet – drei Wege lagen nun zwischen Autobahn und Eisenbahn und die Geräuschkulisse nahm zu. Als zu Beginn des neuen Jahrtausends die Autobahn auf sechs Spuren erweitert wurde, setzte sich schließlich der Vereinsvorsitzende Jürgen Huss gemeinsam mit Rolf Heide, Vorsitzender der Gartenfreunde „Am Mittelwischweg“, erfolgreich für den Bau von Lärmschutzwänden ein, was ein Gewinn für das Gebiet war.

„Solche Erfolge gelingen leichter im Schulterschluss mit den benachbarten Vereinen“, sagt Jürgen Huss rückblickend. So habe sein Verein gemeinsam mit den Nachbarn „Am Mittelwischweg“, „Morgenland“ und „Waller Marsch“ – die vier bilden den Kleingartenpark „In den Wischen“ – im Jahr 2002 auch die Zuschüttung des Mäusetunnels verhindern können, der einer der wenigen Zugänge zu dem neuen 480 Hektar großen Naherholungspark „Grüner Bremer Westen“ ist. Auch bei „Blüh‘ auf“ zogen nach dem Krieg Menschen in Behelfsheime auf Parzelle: Im Jahr 1955 waren Tiedemann zufolge 114 der 750 Vereinsgärten bewohnt und nur in vier der 19 Wege gab es keine Behelfsheime. Heute gehört noch ein rechtmäßig bewohntes Kaisenhaus zum Verein.

Ein beliebter Treffpunkt

1950 wurde beschlossen, ein Vereinsheim mit Gaststätte und Saal zu errichten – natürlich in Eigenarbeit, um Geld zu sparen. 1952 war das Gebäude fertig – und wurde später dank Wirt Heinrich Mohrmann zu einem beliebten Treffpunkt: Seeleute, Soldaten und Jugendliche aus der ganzen Stadt zog es in den Rock ’n’ Roll-Schuppen.

An den Wochenenden war es proppenvoll im Vereinsheim von „Blüh‘ auf“, die Musikbox spielte Bill Haley und Elvis Presley und es wurde wild getanzt. Dass der Verein ein großes Herz für Jüngere hat, stellt er seit 1995 mit seiner Kindergarten-Parzelle unter Beweis, mit der er bremenweit Vorreiter ist: Hier können die Kleinsten gemeinsam gärtnern und natürlich auch toben. Von Altersschwäche also bei Blüh‘ auf auch nach 100 Jahren keine Spur!

 

TOP Garten Blog 2017

Liebe Leserinnen und Leser!

Freut euch mit mir über diesen neuen Button, der seit einigen Tagen die Seite meines privaten Blogs zieren darf. Es ist ein prima Feedback und Ansporn zugleich – und das umso mehr, als dass es von mir unbekannter Seite zu mir gekommen ist.

Wie kam es dazu? Von der Firma Manzke-Teichtechnik lag vor einiger Zeit die Info mit der Ausschreibung des TOP Garten Blogs 2017 in meinem eMail-Briefkasten. Kurzerhand habe ich das Profil von „Gärtnern in Bremen“ mit ein paar näheren Angaben eingesandt. Meine regelmäßige Leserinnen und Leser wissen, dass seit 2013 drei Themenfelder im Zentrum des Blogs stehen. Gestaunt habe ich selbst nicht schlecht bei der stattlichen Anzahl von Beiträgen, die inzwischen erschienen sind. Ihr könnt in mehr als 333 Posts mit vielen Informationen, Eindrücken und selbst gemachten Fotos stöbern. Im Visier habe ich folgende Themenfelder:

1. Die sich wandelnde Kultur der Kleingärten in Bremen und des Gärtnerns in der Stadt/Urban Gardening. Neue gärtnerische Initiativen („Ab geht die Lucie“, Integrative Beschäftigungsprojekte in Kleingärten u.ä.) suche ich auf und durchstreife Parzellengebiete. Auf langen Spaziergängen durch Bremens Parzellengebiete treffe ich viele Freizeitgärtner und mache für das Blogs Fotos von der wachsenden Vielfalt des Gärtnerns und des Baus von Lauben. Pflanzenporträts und „Tierisches“ aus meinem eigenen kleinen Garten runden diesen Bereich ab. Libellen, Molche, Kaninchen, eine Pfauendame und sogar ein Fuchs sind dabei.

2. Historisches zum Wohnen auf der Parzelle seit der Nachkriegszeit bis heute interessiert mich. Informationen dazu erhalte ich aus Gesprächen von Zeitzeugen, die ich kennenlernen durfte,  Weiterlesen

Mehr als ein Dach über dem Kopf – Bremens Kaisenhäuser

Grade gab es den schönen TV-Beitrag von Rut Hunfeld über „Schrebergärten mit Geschichte: Bremens Kaisenhäuser“ in der Nordtour von N3. Nun gebe ich für Interessierte, die mehr dazu lesen möchten, gerne den Hinweis auf mein Buch zur Geschichte der kleinen Wohnhäuser auf der Parzelle.bzb_Mehr als ein Dach über dem Kopf_Innen_Druckvorlage.indd

Zum Inhalt:

Von der Notunterkunft auf der Parzelle zur Wohnkultur im Garten

Vom stadtnahen Haus im Grünen träumen viele. Einige Menschen haben sich diesen Traum in den bremischen Kleingartengebieten scheinbar verwirklicht – obwohl das Wohnen in Kleingärten verboten ist. Die Erinnerung an die Entstehungszusammenhänge dieser Parzellenwohnhäuser mit eigenwilliger Architektur verblasst zusehends, denn die Gebäude verschwinden mit dem Ableben ihrer Bauherren aus den Kleingartengebieten. Die Historikerin Kirsten Tiedemann hat sich diesem bisher ungeschriebenen Teil der Bremer Geschichte angenommen.

Entstanden ist eine Studie zur Geschichte der Stadt aus sozial-, bau- und planungsgeschichtlichen Perspektiven. Sie betrachtet ihren Gegenstand aber in erste Linie aus Sicht der Bewohner und erst in zweiter Linie aus Sicht der planenden Institutionen und politischen Entscheidungsträger. Entstehungszusammenhänge und Wandlungen werden über einen Zeitraum von 57 Jahren ausgelotet.

In den Parzellengebieten Bremens entwickelte sich seit 1944 eine eigenwillige Bau- und Wohnkultur, deren Ursprung heute kaum noch bekannt ist. In der Notsituation der Kriegs- und Nachkriegszeit, als 61 Prozent des Wohnraums der Stadt zerstört war, nahmen einige Menschen ihre Geschicke selbst in die Hand. Sie schufen sich in den Kleingartengebieten eine Wohnstätte – anfangs mit, später ohne Bauerlaubnis – und organisierten sich eine lebenswerte Umgebung. „Kaisenhäuser“ wurden diese Parzellenwohnhäuser genannt: eine Anspielung auf den früheren Bürgermeister Wilhelm Kaisen, der sich für ihre Bewohner eingesetzt hat. Eine zweite Wohnwelle in den Parzellengebieten, die in den 1970er Jahren einsetzte, wird in der Studie ebenfalls thematisiert.

Kirsten Tiedemann konnte neue Sachverhalte aufdecken, wie eine „stille“ Generalamnestie von 1955 für sogenannte „Schwarzbauer“ oder die Herkunft der Bezeichnung „Kaisenhäuser“. Letztere ist auf ein Versprechen Wilhelm Kaisens zurückführen. Erstmals beschreibt Tiedemann außerdem Erfolge und Scheitern des Lösungsmodells „Gartenheimgebiet“, mit dem man versucht hatte, einzelne bewohnte Parzellengebiete in reguläre Einfamilienhaus-Wohngebiete umzuwandeln.

Von der Tatkraft und Entschiedenheit der Bewohner, von ihrer Widersetzlichkeit und vom sich wandelnden politischen Umgang mit den von ihnen geschaffenen Fakten handelt das Buch.

 

Kirsten Tiedemann, Mehr als ein Dach über dem Kopf, Bremens Kaisenhäuser

Verlag Bremer Tageszeitungen, Bremen 2012

ISBN 978-3-938795-39-2, Preis: 16,90 €

Direkt beim Verlag hier bestellen.

Gärtnern über den Dächern von Bremen – Offene Gruppe startet [Veranstaltung]

Foto: VHS-Bremen

Foto: VHS-Bremen

In 40 Metern Höhe über den Dächern unserer Stadt wächst und grünt es in Zukunft. Auf dem Bamberger Haus entsteht seit Mai ein besonderes Kleinod: Ein Dachgarten mit regionalem Gemüse und Kräutern in mobilen Pflanzgefäßen. Hier werden Tomaten, Zuchini, Auberginen, Salat, Kartoffeln, Grünkohl, verschiedene Kräuter und auch Hopfen gedeihen. Rund um ihren neuen, urbanen Garten hat die Volkshochschule Bremen ein illustres Programm für die Sinne entwickelt – es gibt viele Infos zum Urban Gardening & Urban Farming, vielseitige Kochangebote, eine Exkursion zur Gemüsewerft und es kann sogar Bier gebraut werden.

Der Dachgarten selbst wird zu einem besonderen Begegnungsort, an dem ich über den Sommer ab 27. Mai  von 17.00 bis 19.00 Uhr eine offene Gartengruppe anbiete. Alle, die diesen Dachgarten aktiv mitgestalten wollen, sind herzlich zum miteinander Gärtnern in die offene Gartengruppe eingeladen. See you!

Das Angebot ist gebührenfrei.

Ab 27. Mai treffen sich Interessierte mittwochs alle 14 Tage um 17.00 Uhr im Dachgarten des Bamberger Hauses. Ein Einstieg ist jederzeit möglich.

81-501-M
Offene Gartengruppe mit Kirsten Tiedemann
14-täglich
27. Mai – 30. Sep. 2015 (10x)
Mi, 17.00 – 19.00 Uhr
VHS im Bamberger, Faulenstraße 69, Dachgarten 9. Etage
gebührenfrei

Termine: 27.5./10.6./24.6./8.7./22.7./15.8./19.8./2.9./16.9./30.9.

Näheres zum VHS-Dachgarten hier.

Plätze frei im Bildungsurlaub Kaisenhäuser im Herbst [Veranstaltungstipp]

[update 21.4.2015]

Ein brandneues Kapitel wird grade für Kaisenhäuser, die kleinen Wohnhäuser in den Parzellengebieten unserer Stadt, geschrieben. Diese aktuelle Entwicklung wird uns im dreitägigen Bildungsurlaub im Herbst 2015 (30.0-2.10) beschäftigen. Thema ist auch die imponierende Geschichte der Gebäude und der Menschen, die mit den Häuschen eine besondere Gartenwohnkultur aufbauten. Exkursionen (u.a. ins Kaisenhausmuseum) gehören selbstverständlich zu dem abwechslungsreichen Programm, wie auch viele anschauliche Fotos und historische Dokumente und ein Film. Es sind noch Plätze frei. Ich freue mich auf viele Interessierte!

Wer vorher schon mal gucken will, hat am 9. Mai von 15.00 bis 17.15 Uhr die Gelegenheit bei einem Rundgang im Gebiet der Waller Feldmark. Treffpunkt Endhaltestelle Buslinie 20 am Sportheim. Eine Anmeldung ist bei der VHS unbedingt erforderlich.

Anmeldung direkt in der Volkshochschule Bremen, Bamberger Haus, Faulenstraße 69 und telefonisch unter 0421-361-12345.

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Foto: Kirsten Tiedemann

Bundeskleingartengesetz erlaubt Kaisenhäuser

Angesichts wiederkehrender Meldungen aus dem Landesverband der Gartenfreunde Bremen e.V. wird es manch einen überraschen: Das Bundeskleingartengesetz gibt ausdrücklich den Bestandsschutz für intakte Kaisenhäuser in Kleingartengebieten her. Auch die Kleingartengebiete sind durch den Bestand der letzten Kaisenhäuser nicht gefährdet, sie sind mit den Häusern sicher.

Zum Bestandsschutz von Kaisenhäusern im Bundeskleingartengesetz                  Weil es ein Bundesgesetz ist, wird darin natürlich nicht von Kaisenhäusern gesprochen, die nur in Bremen umgangssprachlich so heißen, sondern von Lauben: Lauben, die die vorgesehene Größe von 24 Quadratmetern überschreiten und vor Inkrafttreten des Gesetzes (1983) rechtmäßig errichtet wurden, können unverändert genutzt werden (§ 18 Absatz 1).

In den Fachkommentaren konkretisiert Ministerialrat a.D. Dr. Mainczyk, der maßgeblich am Gesetzentwurf mitgearbeitet hat, was der Bundesgesetzgeber darunter versteht: Es sind Großlauben, Wohnlauben und Wohnhäuser in Kleingartengebieten, die vor 1983 rechtmäßig errichtet worden sind.

Und weil auch Häuser, die ohne Baugenehmigung in Kleingartengebieten errichtet worden sind, unter bestimmten Voraussetzungen in den Bestandsschutz hineinwachsen können, trifft dieser Paragraph auch auf Bremens geschichtsträchtige Kaisenhäuser zu. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Häuser mit Wissen der Behörde über 25 Jahre geduldet wurden. Die städtische Verwaltung Bremens hat die Wohnhäuser auf den Parzellen nicht nur wissentlich geduldeten, sie war darüber hinaus bis 1974 faktisch nicht in der Lage den Bewohnerinnen und Bewohnern anderen Wohnraum anzubieten. Näheres dazu hier.

Das Bundesgesetz sichert auch „Auswohnrechte“ in Wohnhäusern auf einer Parzelle. (§ 18 Absatz Absatz 2 BKleinG)

Im Anschluss an ein Auswohnrecht kann ein Kaisenhaus in voller Größe Bestandsschutz erhalten und weiter als Gartenhaus, jetzt ohne Wohnrecht, genutzt werden, wie es in den Kommentaren zum Gesetz heißt. Es darf auch an andere weitergegeben werden, denn es ist nicht an eine Person gebunden, sondern an die Parzelle. Erst wenn die Statik eines solchen Hauses massiv gefährdet ist, dann ist es an sein Ende gekommen. Ein Neuaufbau auf den Grundmauernoder bauliche Maßnahmen, die einem Neuaufbau gleich kommen, sind nicht gestattet.

Zur Sicherheit von Kleingartengebieten mit Kaisenhäusern                                     In den Fachkommentaren heißt es dazu ausdrücklich, dass die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit bestehen bleibt, wenn Eigenheime nur eingestreut in den Kleingartengebieten stehen und bewohnt werden und vereinzelt übergroße Lauben vorhanden sind. Das Vereinsgelände muß dabei weiterhin maßgeblich den Charakter eines Kleingartengebietes haben. Das ist in Bremer Kleingartengebieten der Fall, wie ich in meinen Beitrag „Kleingartenstatus sicher mit Kaisenhäusern“ geprüft habe und feststellen können.

Anders als vom Landesverband der Gartenfreunde Bremen e.V. geäußert, stellt der Erhalt der letzten intakten Kaisenhäuser rechtlich betrachtet offenbar keine Gefahr für die Bremer Kleingartengebiete dar.

Ich sehe sogar eine große Chance im Erhalt intakter Kaisenhäuser für eine lebendige Zukunft der Kleingartengebiete! Sie können als Familientreffpunkt dienen, aber auch günstigen Raum bieten für Garten-Initiativen, z.B. Outdoorkindergarten, aber dazu später mehr.

Literatur

Kommentare und Auslegungen zum Bundeskleingartengesetz, MR a.D. Dr. Lorenz Mainczyk, Herausgeber: Bundesverband deutscher Gartenfreunde e.V., Grüne Schriftenreihe Nr. 188 (2006), besonders Punkt 1.3

Baurechtlicher Bestandsschtuz in Kleingärten, MR a.D. Lorenz Mainczyk, in: Neue Justiz 2003

 Bundeskleingartengesetz von 1983, zuletzt geändert 2006

Kaisenhäuser sind komplette Wohnhäuser

Ich muss gestehen, dass ich reichlich verblüfft war, als die erste eMail aus einem Kaisenhaus in meinem Postfach lag. Damit hatte ich 2007, als ich mit meiner historischen Forschung begann, nicht gerechnet. Warum eigentlich nicht? Es lag wohl daran, dass ich diesen kleinen Wohnhäusern, die verstreut in den Parzellengebieten der Stadt stehen, eine technische Ausstattung am Puls der Zeit nicht zugetraut hatte. Inzwischen bin ich eines Besseren belehrt worden.
Die letzten bewohnten Kaisenhäuser sind bis auf wenige Ausnahmen zeitgemäß ausgestattet. Durch einen Windfang oder einen kleinen Flur sind die Wohnräume erreichbar. Neben einer Küche, an die sich häufig eine kleine Speisekammer anschließt, gibt es das Wohnzimmer und den Schlafraum. Ein Arbeits- oder Gästezimmer ist im ausgediehnten Kinderzimmer eingerichtet worden. Je nach Größe sind auch Eßzimmer oder weitere Funktionsräume zu finden. Zur baulichen Ausstattung gehören natürlich auch sanitäre Anlagen mit Dusche und WC und eine Heizung, meist eine Zentralheizung, die die Winterkälte vergessen macht. Häufig lassen sich doppelt verglaste Fenster finden. Rolläden oder Fensterläden, die in der kalten Jahreszeit vor Wärmeverlust schützen, gibt es. Warum soll man auch zum Fenster hinaus heizen? Die anfallenden Abwässer werden in geschlossenen Gruben gesammelt und regelmäßig von den Stadtwerken abgefahren. (Vgl. Rollende Kanalisation). Weiterlesen

3 Kröten gerettet

Beim Freilegen des Luftschutzbunkers en miniature zum Zwecke seiner Dokumentation entdeckte ich drei lebendige, wirklich magere Kröten darin. Kröten im Bunker

… und Skelette von Kröten …

Krötenskelette

Auf dem Grundstück fand ich ein paar Bretter, die den Amphibien als Rampe dienen sollten, um ihr kühles, dunkles Gefängnis zu verlassen. Am nächsten Tag waren die drei aber immer noch im Bunker. Nun holte ich sie mit einem Kescher heraus. Von der ungebührlichen Behandlung irritiert und dem grellen Sonnenlicht geblendet, verharrten die Tiere einige Sekunden, um sich dann ins hohe, schützende Gras aufzumachen.

Abgemagere Kröte

Jetzt futtert euch mal schön satt!

Der Eingang ist inzwischen versperrt, sodaß keine weiteren Tiere in den Bunker geraten.

Fotos: Kirsten Tiedemann

Anerkennung der historischen Entwicklung als nachhaltige Lösung

Es ist an der Zeit im Umgang mit Kaisenhäusern, den Einfamilienhäusern auf den Parzellen, Bilanz zu ziehen und eine Kurskorrektur vorzunehmen: Seit Jahrzehnten wird für die Kleingartengebiete Bremens ein Zustand angestrebt, der ohne vereinzeltes Wohnen auf Parzellen auskommt, und den es möglicherweise einmal zu Beginn der Weimarer Republik gegeben haben mag – vergeblich.

Der eingeschlagene Kurs besteht darin, intakte Eigenheime abzureißen. Diese Zerstörung stößt bei vielen Menschen auf Unverständnis und führt nicht zur gewünschten Ordnung, sondern im Gegenteil zu einer außerordentlichen Verschlechterung der Gesamtsituation in mehreren Parzellengebieten der Stadt.

Stand: Heute existieren die letzten Kaisenhäuser als Einsprengsel zwischen den Parzellen in den Kleingartengebieten. Es sind 1000-1600. Damit ist ein Bestand von 1932 (!) wieder erreicht. Es handelt sich zumeist um intakte Wohngebäude, die vor 50 und mehr Jahren errichtet und seitdem mehrfach modernisiert worden sind. Diese werden von sogenannten Kaisen- und Kudellaauswohnern im Alter zwischen 45 und 98 Jahren berechtigterweise bewohnt. Dazu kommen Ehegatten der Kaisenhausbewohner und deren Kinder unter 18 Jahren. Diese leben in der scheußliche Situation, dass sie im Falle des Todes ihres wohnberechtigten Familienmitglieds umgehend aus dem Haus fortziehen müssen.

Seit 28.5.1974 liegt für alle Kaisenhäuser eine schriftliche Duldung vor, die am 9.7.2002 sogar noch einmal erweitert wurde. Die Hausbesitzer bzw. Bewohner haben ein lebenslanges Wohnrecht erhalten. In unmittelbare Folge der „Rahmenvereinbarungen zur Sanierung des Kleingartengebiets Waller Fleet“ 2002 stehen seit Jahren 215 Kaisenhäuser verlassen zum Abriss bereit. Viele der Gebäude sind zu Ruinen verfallen und wirken negativ auf einige, einmal sehr gerne genutzte grüne Naherholungsgebiete der Stadt. Die finanzielle Situation Bremens erlaubt es der zuständigen Behörde nicht, die Abrisse der Wohngebäude, die nach dem Ableben der Bewohner nicht mehr bewohnt werden dürfen, zeitnah einzuleiten, da die Kosten hierfür zwischen 10.000 und 20.000 Euro pro Gebäude liegen.

Der Vorschlag des Bausenators Joachim Lohse, Kaisenhäuser als Gartenhäuser zu erhalten, stellt einen ersten Ansatz in die richtige Richtung zur Kurskorrektur dar. Betrachtet man die Sache genauer, wird klar, dass eine gelingende Lösung darüber hinausgehen muss.

Eine nachhaltige Lösung liegt in der dauerhaften rechtlichen Anerkennung der verbliebenen intakten Kaisenhäuser in den Kleingartengebieten mittels ausnahmsweiser Festsetzung eines dauerhaften Bestandsschutzes für die Einfamillienhäuser. Daran gekoppelt werden sollte ein dauerhaftes Wohnrecht entsprechend der historisch gewachsenen Entwicklung. So wird Privatinitiative konstruktiv angeregt. Statt Wohneigentum mit öffentlichen Geldern zu zerstören, erhalten die Kleingartengebiete positive Impulse. Als attraktive Unikate und baukulturelle Besonderheiten befördern die Parzellenwohnhäuser auch das Gedeihen der Kleingartengebiete mit ihren Rückzugsmöglichkeiten aus dem Alltag, den kreativen Nischen und ihren Freiräumen. Die dringend benötigten grünen Naherholungsgebiete erhalten endlich wieder wohlwollende Aufmerksamkeit. Eine eindeutige win-win-Situation.

Solch eine Lösung werden die Kaisenhausbewohner außerordentlich zu schätzen wissen, denn sie stellt nicht nur ihr Eigentum und ihre Investitionen sicher, sondern würdigt auch ihren Einsatz und den ihrer Eltern für den Aufbau der Stadt in den äußerst schwierigen Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals war die Stadt über 25 lange Jahre nicht in der Lage, den 50.000 Menschen, die in 12.000 Wohnhäusern in den Kleingartengebieten lebten, eine Unterkunft zu geben. Vgl. „Häuser nicht bestrafen“.

Große Teile der Bremer Bevölkerung, die in einem Kaisenhaus aufgewachsen und inzwischen in alle gesellschaftlichen Schichten aufgestiegen sind, werden diese Lösung ebenso begrüßen, wie historisch interessierte Bremerinnen und Bremer.

Nicht zu verachten ist die Bedeutung dieser Lösung angesichts der Haushaltsnotlage des Landes Bremen. Schließlich kann bei jedem Kaisenhaus, das nicht abgerissen wird, je nach Größe zwischen 10.000 und 20.000 Euro gespart werden. Summa summarum liegt hier ein Einsparpotential von 15 Mio Euro Gesamtkosten verteilt über mehrere Jahre.

Luftschutzbunker en miniature

Ein freundlicher Mensch hat mich auf ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg aufmerksam gemacht, das in einem Bremer Kleingartengebiet zu finden ist: Es ist ein Luftschutzbunker en miniature. Dieser Bunker hat den Bewohnern der Parzelle, auf der er steht, während der Luftangriffe auf Bremen zwischen 1941 und 1945 Schutz geboten. Die Nachbarin erzählte, dass ihr Garten damals von einer Brandbombe getroffen worden war. Heute ist der stabile, sehr kleine Bunker versteckt als kleiner Hügel unter Bäumen, Efeu und Brombeerranken nur von Ortskundigen zu finden. Der Anblick wirkt beklemmend. Sein Einstieg hat maximal 50×50 Zentimeter, der Innenraum keine 2×2 Meter Grundfläche. Die Gesamthöhe außen beträgt etwa 1,30 Meter.

Foto: Kirsten Tiedemann

 

Foto: Kirsten Tiedemann

Luftschutzbunker_Eingang

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Auf dem Rückweg haben wir zufällig dieses Rohr für die Luftzufuhr zum Innenraum des Bunkers entdeckt.

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Fotos: Kirsten Tiedemann