Eine Fülle an Ideen für Parzellen, Kaisenhäuser, Klima und Menschen

 

Annähernd 100 Interessierte, dabei viele Vorstände aus Kleingärtervereinen, der neue Vorsitzende des Ladesverbands der Gartenfreunde Bremen e.V. und dessen Geschäftsführerin, der Sprecher der Wegegemeinschaft Karl-Beckhusen-Weg, einzelne Aktivisten und der Vorstand der Interessengemeinschaft der Parzellenbewohner – sie alle diskutierten am 1.4.2019 im Kulturhaus Walle Brodelpott mit den Grünen die Zukunft der Kleingärten im Bremer Westen mit reichhaltigem positiven Ergebnis.  Leider war auch ein negativer „Eindruck“ zum Verhalten der zuständigen Abteilung der Baubehörde dabei. Ein ausführlicher Beitrag dazu findet sich im Weser-Kurier vom 4.4.2019 – Stadtteil-Kurier West, aus dem im Folgenden zitiert wird.

„Der drohende Abriss auch gut erhaltener Kaisenhäuser war wieder einmal Gegenstand zahlreicher Diskussion rund um die Zukunft der Kleingartengebiete im Bremer Westen.

Osterfeuerberg. Man hätte es ahnen können, wenn nichts weniger als „Die Zukunft der Bremer Kleingärten“ beackert werden soll. Die Grünen-Stadtteilgruppen aus Findorff und Walle hatten das Thema am vergangenen Montag zur Diskussion gestellt, und mit mehr als hundert dringend Interessierten wurde das Kulturhaus Walle rappelvoll. Nach guten zwei Stunden entließen die Parzellisten aus dem Bremer Westen die grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer mit einer sehr langen Wunschliste. Unterm Strich lautete die Ansage an den Senat: Es gibt jede Menge kreativer Ideen für die Belebung der Gärten, und der Abriss sämtlicher Kaisenhäuser gehört nicht zwangsläufig dazu.

Zur Einführung hatte die promovierte Biologin und umweltpolitische Sprecherin ihrer Bürgerschaftsfraktion den Anwesenden versichert, dass die Grünen „ohne Wenn und Aber“ für den Erhalt der Kleingartengebiete als grüne Lungen der Stadt stünden. „Für Wohnbebauung gibt es in Bremen genug Gewerbebrachen wie das Kellogg´s-Gelände und das Coca Cola-Areal, bevor man an die Kleingärten geht.“ Bremen solle lieber brachliegende Areale als Kompensationsflächen nutzen, als entsprechende Investitionen ins niedersächsische Umland fließen zu lassen. Als „unsäglichen Zustand“ bezeichnete die Politikerin die Tatsache, dass Bremen seiner Verpflichtung, marode Kaisenhäuser zu entfernen, nicht nachkomme. Ein „Wahnsinn“ sei es gar, wenn gut erhaltene Häuser abgerissen würden. Ihre Partei fordere eine „Amnestie für intakte Kaisenhäuser“, und eine Diskussion darüber, wie sie in Zukunft genutzt werden könnten.

Bereits im September hatte eine gleichnamige Veranstaltung dem Findorffer Klimacafé sehr viel Publikum und lebhafte Diskussionen eingebracht. Grund genug für die Gastgeber, dem Gesprächsbedarf erneut Raum zu geben, erläuterte Petra Fritsche-Ejemole von den Waller Grünen. Für den Brodelpott hatten man sich vier Workshop-Themen vorgenommen, moderiert von Cecilie Eckler-von Gleich, Rike Fischer, Jupp Heseding und Oliver Jäger. Bereits bei der Aufteilung der Gruppen erwies sich: Es sind vor allem die Kaisenhäuser, die den Bremer Kleingärtnern und -vereinen auf die eine oder andere Weise zu schaffen machen.

Mit rund der Hälfte aller Besucher des Abends stellten sie die größte Interessengruppe. Für die Vereine seien nicht nur die verlassenen Kaisen-Ruinen inmitten seit Jahren verwildeter Gärten ein Problem, hieß es. Auch gut erhaltene Häuser, die bis auf weiteres als Gartenhäuser weitergenutzt werden dürfen, seien fast unmöglich zu verpachten, berichtete ein Vorstandsvertreter. Begründet wurde das mit der Unsicherheit, ob nicht doch irgendwann der Abriss verfügt werde – und vor allem mit der ungeklärten Frage, wer dann für die Kosten aufkommen müsse. „Vereine und Pächter dürfen nicht für den Abriss haftbar gemacht werden“, lautete eine der Forderungen. Vertreter der Interessengemeinschaft „Zukunft für die Kaisenhäuser“ plädierten dafür, die Nutzung als Wochenendhäuser oder Wohnhäuser zu erlauben. Sie berufen sich dabei auf ein sechs Jahre altes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das solche „Bebauungsinseln“ in Kleingartengebieten gestattet. „Während überall Wohnraum fehlt, wird er hier mit Steuergeldern zerstört“, kritisiert die Initiative. Das Haushaltsnotlageland Bremen könne sich auf diese Weise „utopische Summen“ für den Abriss sparen.

Die Workshopgruppe für die Belebung von Brachflächen hatte jede Menge Ideen, die vom Bundesbaugesetz gestützt würden: Von der Freigabe für alternative Wohnformen über Grillplätze, Hundefreilaufflächen, Gemeinschaftsgärten und Obstwiesen bis zur Vergabe an naturnahe Gewerbe und lokale Ökonomien. Ein Vorschlag, um Interessenten die Entscheidung für einen Kleingarten zu erleichtern: Die Stadt könnte mit einem Sonderfonds den Bau einer Laube bezuschussen. Die Gruppe „Alternative Nutzung“ konnte sich außerdem leerstehende Gärten als Begegnungsstätten, Kulturorte, für Kita-Gruppen und Streichelzoos vorstellen. Wichtig sei jedoch, die jeweilige Nachbarschaft an den Planungen zu beteiligen. Die Workshopgruppe „Klimaschutz“ plädierte unter anderem für einen Bestandsschutz für alte Bäume. Die Vereine sollten darauf achten, Gemeinschaftsbereiche ökologisch zu bepflanzen, und unerfahrene neue Mitglieder mit Fachberatung und einfachem Info-Material über die Kleingartenordnung aufklären.

Als Problem werde in den Kleingartengebieten das Patchwork an Eigentumsverhältnissen mit unterschiedlichen rechtlichen Bedingungen wahrgenommen, war wiederholt zu hören.

Mehrere Parzellisten beklagten willkürliche Kontrollen und Entscheidungen der Baubehörde. „Man hat das Gefühl, die machen, was sie wollen“, hieß es wörtlich. Nicht vermittelbar sei außerdem, dass von den Behörden mit unterschiedlichem Maß gemessen werde. Konkretes Beispiel: Man könne nicht auf der einen Seite „Wagenburgen“ gestatten, während der einzelne Parzellist reichlich Ärger bekommen könne, wenn er einen Bau- oder Wohnwagen als Gartenhäuschen nutzen möchte.

„Für Wohnbebauung gibt es in Bremen genug Gewerbebrachen.“

Maike Schäfer, Die Grünen“

Quelle: Weser-Kurier 4.4.2019

 

– Post aktualisiert 5.4.2019 10:27 Uhr