In der aktuellen Ausgabe vom Gartenfreund, der Verbandszeitschrift für das Kleingartenwesen, finden wir in den Verbandsnachrichten aus Bremen den Beitrag „Kleingärten als Bauland – Intelligente Stadtplanung macht vor Kleingartengebieten nicht halt“. Die Geschäftsführerin des Landesverbands der Gartenfreunde Bremen e.V. bezieht darin Stellung zur aktuellen Debatte. Den zentralen Inhalt fasse ich hier zusammen, zitiere einzelne Passagen, die mir wichtig erscheinen, und habe viele Fragen.
Man habe in der Geschäftsstelle großes Verständnis für die Bedürfnisse der wachsenden Stadt, heißt es. Die etwa sechs Quadratkilometer Kleingartengebiet seien ein guter Richtwert für eine Stadt wie Bremen und wohnort- und zentrumsnah verteilt. Nachbesserungsbedarf gebe es nur in Walle, weil dieser Stadtteil satt mit Kleingärten versorgt sei. 400 Parzellen stünden in Bremen leer, die meisten davon in Walle. (Anmerkung: Kürzlich hieß es im Weser-Kurier nach Angaben des Landesverbands der Gartenfreunde Bremen e.V. noch, dass es 300 ungenutzte Parzellen in ganz Bremen seien.). Die Erreichbarkeit der Parzellen in Walle sei nicht mit einem attraktiven Stadtleben zu vereinbaren, meint die Geschäftsführerin Frau Drechsler.
„Miteinander reden“: Unter dieser Überschrift ist zu lesen, dass Bremens Verwaltung und Politik den Landesverband der Gartenfreunde seit Jahren ernst nähmen und eine Vielzahl kleingärtnerischer Interessen berücksichtigten. Nun müsse ein neuer Denkprozess angestrebt werden. Drechsler führt aus: „In den vergangenen Wochen keimte unter verschiedenen Possen ein Thema auf, mit dem sich der Landesverband seit Jahren befaßt und im steten Austausch mit der Bremer Baupolitik steht.“
Man fragt sich, was an der Diskussion eine Posse war? Ist es eine Posse, wenn der Vorsitzende des Landesverbands der Gartenfreunde Bremen e.V. und ein Vorstandsmitglied eines Kleingärtnervereins im Gespräch mit dem Weser-Kurier mitteilen, dass sie von dem Vorstoß über eine mögliche Bebauung einzelner Gebiete der Waller Feldmark aus der Zeitung erfahren hätten? Vgl. Kleingärtner halten nichts von SPD-Vorstoß, Weser-Kurier 28.5.2017. Ist es eine Posse, wenn Kleingärtner den Eindruck haben, dass der Landesverband sie beim Thema der möglichen Umwidmung von Kleingärten in Bauland im Regen stehen läßt? Vgl. „Keine verwaiste Parzelle für Wohnungsbau“ Weser-Kurier 3. Juli 2017
„Einander verstehen“: In diesem Abschnitt schreibt Frau Drechsler, dass es ein Stadtteilkonzept besonders für die 7000 Gärten zwischen Walle und Oslebshausen brauche, das Gärten als notwendigen Bestandteil der Infrastruktur begreift. Der Landesverband ist bereit, „die notwendigen Gespräche zu führen und wird sich nicht im Voraus stoisch allen Argumenten verschließen.“
Spontan fällt mir das bestehende Konzept „Naherholungspark Bremer Westen“ ein, dass mit Vertretern aus ansässigen Kleingartenvereinen, dem Landesverband der Gartenfreunde Bremen e.V., dem Beirat Walle und vielen anderen Mitwirkenden in einem partizipativem Verfahren unter Leitung der Baubehörde gründlich erarbeitet und im Oktober 2016 öffentlich vorgestellt wurde. Kleingärten, Flächen für öffentliche Naherholung, Radwege, Streuobstwiesen und ökologische Ausgleichsflächen sieht dieser Plan für die grüne Lunge Walles vor. Daran hat der Landesverband mitgearbeitet.
Hm.
Der Beitrag „Kleingärten als Bauland“ informiert weiter: „Weder der Landesverband noch die SPD Baupolitik hat abschließende Entscheidungen über einen Bebau oder gar Überbau von Kleingartenanlagen getroffen.“ Und:
„Einvernehmen herrscht darin, dass es – insbesondere und zunächst ausschließlich im Bremer Westen – einer umfassenden Stadtteilkonzeption bedarf. Verschiedene Belange, wie Bau und Kleingartenwesen, sollen dabei nicht als Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich vielmehr sinnvoll ergänzen. Dabei ist es die Aufgabe einer intelligenten Stadtplanung, die Bedürfnisse der wachsenden Stadt mit denen der Kleingartenlobby zu vereinen. Wir sind zuversichtlich, dass dies mit dem Zutun des Landesverbandes gelingen wird.“
Manchmal sind es einzelne Worte, die stutzig machen können. In dem vorangehenden Absatz ist es für mich der Begriff: „zunächst“. „…zunächst geht es um den Bremer Westen.“ Und dann? Welches Kleingartengebiet wird danach betrachtet?
Eine zentrale Frage steht weiterhin unbeantwortet im Raum: Wie will sich der Landesverband der Gartenfreunde Bremen e.V. für seine Mitglieder einsetzen? Die ungenutzten Parzellen in der Waller Feldmark machen kein geschlossenes Gebiet aus. Es sind einzelne Gärten zwischen genutzten Flächen. Will man hier ein geschlossenes Baugebiet ausweisen, wird man nicht nur verlassene Parzellen, sondern auch eine gewisse Anzahl intakter Gärten planieren. a) Was will unsere Interessenvertretung für jene Gärtner mit intakten Parzellen tun, die ihre Parzelle räumen müssen, in die sie viele Jahre Arbeit und Geld investiert haben? Ein gut angelegter Kleingarten mit Obstbaum- und -strauchbestand braucht über ein Jahrzehnt für seine Entstehung. b) Was wird die Interessenvertretung für die Mitglieder tun, die in so einem Gebiet in ihrem Kleingärten ein Kaisenhaus mit lebenslangem Wohnrecht bewohnen? Auch Parzellen mit Kaisenhäusern liegen verstreut im gesamten Gebiet der Waller Feldmark. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind ganz überwiegend Menschen im Rentenalter, die über eine geringe Rente verfügen und angesichts der andauernden Wohnungkrise in Bremen keine Wohnung finden werden.
Sinkt die Anzahl der Parzellen, die vom LV Gartenfreunde verpachtet werden, wird es voraussichtlich für die Gesamtheit der verbleibenen Pächter, die Mitglied im Landesverband der Gartenfreunde Bremen e.V. sind, wohl eine weitere Erhöhung des Mitgliedsbeitrags mit sich bringen. Schließlich muss der Betrieb der Geschäftsstelle weiter gehen und die anfallenden laufenden Kosten im Landesverband steigen sowieso. Mit dem Anstieg der laufenden Kosten wurde kürzlich die erhebliche Erhöhung der Beiträge ab 2018 um einmalig mehr als 15 Prozent begründet. All die Kosten werden von weniger Mitgliedern geschultert werden müssen.
Klar machen muss man sich, dass einige der 400 brach liegenden Parzellen bestehen bleiben werden, auch wenn es ein geschlossenes Baugebiet geben sollte. Sie liegen ja eingestreut im Gebiet. c) Wie will der Landesverband den Kleingärtnervereinen helfen, für diese Gärten Pächter zu finden? Wie wäre es mit einem Portal im Internet auf dem Leute ihre Parzelle anbieten können, wie bei Bremen.de auf dem Schwarzen Brett? Das kann nach Stadtteilen sortiert ohne konkrete Ortsangaben gut funktionieren und würde den Vereinen helfen. Auf der Homepage des LV könnte es Tipps und Hinweise dazu geben, wie ein interessierter Mensch zu einem Garten kommen kann: Wie finde ich einen Kleingarten? Wo meldet man sich? Warum heißt es häufig ‚Kleingarten zu verkaufen‘, obwohl er zu verpachten ist? Gibt es Strom und Trinkwasser? Für solch eine Rubrik auf der Homepage gibt es sehr schöne Beispiele anderer Landesverbände. Und soviel kann ich sagen: Der am häufigsten nachgefragte Beitrag auf meinem Blog trägt übrigens den Titel: Parzelle gesucht und gefunden!
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Alle mit „Anführungszeichen“ gekennzeichneten Abschnitte sind wörtliche Zitate aus dem Beitrag „Kleingärten als Bauland – Intelligente Stadtplanung macht vor Kleingartengebieten nicht halt“ von Birgit Drechsler, Geschäftsführerin des Landesverbands der Gartenfreunde Bremen e.V., Ausgabe 8/2017, Verbandsnachrichten Bremen Seite IV.