„Die Macht, und zwar jede Macht, fürchtet nichts mehr als das Lachen, das Lächeln und den Spott.“ Dario Fo (1926 – 2016)
Mit diesem Zitat möchte ich an den wunderbaren Dramatiker, Erzähler und Schauspieler Dario Fo und seine Stücke mit dem besonderen Blick auf die Welt erinnern, der gestern verstarb. „Geschichte einer Tigerin„, „Johann Padan entdeckt Amerika“ und wie sie alle heißen – Fos Stücke, von denen viele gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Schauspielerin Franka Rama entstanden sind, haben nichts an Aktualität eingebüßt. Das konnte ich beim Wiederlesen von „Bezahlt wird nicht“ im vergangenen Jahr mit einem lachenden und einem weinendem Auge feststellen. Lachend, weil so überraschend, aus ungewohnter Perspektive beobachtet und ins Absurde weitergeführt. Weindend, weil die Situation innerhalb von 20 Jahren nichts an Aktualität verloren hat. Ich fand in dem Stück sogar einen Verweis auf mein inzwischen entwickeltes historisches Forschungsinteresse und meine Leidenschaft fürs Gärtnern, der den Anlass für die lockere Serie [Gärten in der Literatur] auf meinem Blog gab. Nicht nur, dass es ein Garten war, der in dem Stück eine Rolle spielte, nein, es war ein Kleingarten von einem Eisenbahnarbeiter, der zudem noch als Versteck genutzt wurde – eine vergleichbare Praxis ist von widerständigen Gruppen während der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus bekannt. Nun ist Dario Fo, der bis ins hohe Alter künstlerisch und politisch wirkte, von der Bühne des Lebens abgetreten.
„Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo [Gärten in der Literatur]
Ursprünglich erschienen 1. September 2015
„MARGHERITA Ich will endlich die Pakete und Tüten loswerden … Oder denkst du, ich will das Zeug mein Leben lang unter dem Mantel haben?
ANTONIA Ja, aber nicht hier: Wir bringen sie in unseren Schuppen in den Garten hinter der Eisenbahn. Da bringen wir alles hin, auch die Sachen unter dem Bett. Ich mache mir auch einen schönen dicken Bauch. Komm, hilf mir. Mit zwei oder dreimal Gehen ist alles weg.
Sie entnimmt einer Schublade zwei Kopfkissenbezüge, Bänder und Sicherheitsnadeln und macht zwei Säcke, die sie sich um den Hals hängt.
MARGHERITA Was ist das für ein Schuppen?
ANTONIA Gleich hinter der Eisenbahn. Nur über die Straße. Mein Schwiegervater hat da ein Gärtchen … höchstens zehn Meter im Quadrat … grad für ein paar Köpfe Salat. Das ist ein sicheres Versteck.“
In: Dario Fo, Bezahlt wird nicht, Eine Farce, Rotbuchverlag Hamburg Ausgabe 1997 (EA 1974), Seite 48f
Als diese Zeilen beim Lesen dieses turbulenten Theaterstücks des italienischen Dramatikers und Literaturnobelpreisträgers Dario Fo auftauchten, war ich einen Moment lang verblüfft. Italien steht für weite Landschaft, das neue und das alte Rom, Venedig, Ravenna, Michelangelo, Sonne, Zitronenblüte und das Mittelmeer, Fiat, Korsika und Mafia – aber für einen Kleingarten? Ganz offensichtlich kennt man auch in Italien Kleingärten; nicht nur das, sie sind auch als Versteck gebräuchlich [in der Literatur zumindest], was beispielsweise auch während des Nationalsozialismus in Bremen und anderen Städten von politisch und rassisch verfolgten Menschen und ihren Freunden praktiziert wurde, und finden sogar Eingang in ein Theaterstück. Wenn man genauer darüber nachdenkt, eigentlich nicht so überraschend, dass sie in Italien üblich und Dario Fo bekannt sind, denn Parzellen gehörten über ein Jahrhundert und mehr zur Alltagskultur von Arbeiterfamilien.
In jedem Fall ist das Zitat ein schöner Anlass, um hier eine lose Reihe von Auszügen aus der schönen Literatur zu beginnen, die sich im engeren oder weitesten Sinne auf (Klein)Gärten beziehen. Was meint ihr dazu? Sind euch selbst auch schon einmal solche Passagen aufgefallen? In welchem Buch? Wer schreibt davon? Macht mich gerne darauf aufmerksam! Ich bin gespannt.