Kaisenhäuser sind komplette Wohnhäuser

Ich muss gestehen, dass ich reichlich verblüfft war, als die erste eMail aus einem Kaisenhaus in meinem Postfach lag. Damit hatte ich 2007, als ich mit meiner historischen Forschung begann, nicht gerechnet. Warum eigentlich nicht? Es lag wohl daran, dass ich diesen kleinen Wohnhäusern, die verstreut in den Parzellengebieten der Stadt stehen, eine technische Ausstattung am Puls der Zeit nicht zugetraut hatte. Inzwischen bin ich eines Besseren belehrt worden.
Die letzten bewohnten Kaisenhäuser sind bis auf wenige Ausnahmen zeitgemäß ausgestattet. Durch einen Windfang oder einen kleinen Flur sind die Wohnräume erreichbar. Neben einer Küche, an die sich häufig eine kleine Speisekammer anschließt, gibt es das Wohnzimmer und den Schlafraum. Ein Arbeits- oder Gästezimmer ist im ausgediehnten Kinderzimmer eingerichtet worden. Je nach Größe sind auch Eßzimmer oder weitere Funktionsräume zu finden. Zur baulichen Ausstattung gehören natürlich auch sanitäre Anlagen mit Dusche und WC und eine Heizung, meist eine Zentralheizung, die die Winterkälte vergessen macht. Häufig lassen sich doppelt verglaste Fenster finden. Rolläden oder Fensterläden, die in der kalten Jahreszeit vor Wärmeverlust schützen, gibt es. Warum soll man auch zum Fenster hinaus heizen? Die anfallenden Abwässer werden in geschlossenen Gruben gesammelt und regelmäßig von den Stadtwerken abgefahren. (Vgl. Rollende Kanalisation). In den bewohnten Eigenheimen sind Strom-, Wasser- und Telefonanschlüsse vorhanden. Ein Postbote bringt Briefe und Pakete. Die Tageszeitung wird gebracht. Und auch die Müllafuhr ist – wie überall in Bremen – im wöchentlichen Turnus vor Ort.

Heute sind die wenigen noch verbliebenen Kaisenhäuser bauliche Unikate. Ihre Besitzer haben die einfachen Notunterkünfte der Nachkriegszeit in den 1950er Jahren zu geeigneten Wohngebäuden ausgebaut und seitdem mehrfach modernisiert, weil die Stadt ihnen bis Ende der 1960er Jahre keinen Wohnraum bot. Die Eigenheime entsprechen heute der gängigen Definition eines Wohnhauses. Diese Realität scheint langsam Eingang in das politische Bewußtsein von Senatoren und Bürgerschaftsabgeordnete zu halten. [P.S.: Oder nicht?]

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Text und Foto: Kirsten Tiedemann

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